Der „Widerrufs-Joker“ ist tot – es lebe der „Widerrufs-Joker“:
„Ewiges Widerrufsrecht“ ist nach wie vor intakt.
Im Rahmen der Neuregelung des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Wohnimmobilien -Kreditrichtlinie war in Deutschland mit Inkrafttreten am 21.03.2016 für zwischen dem 02.09.2002 und 10.06.2010 abgeschlossenen Immobilienkreditverträgen der 21.Juni 2016 der letzte Termin für einen Widerruf für das bis dato geltende unbegrenzte Widerrufsrecht.
Nach dem neuen Recht erlischt das das Widerrufsrecht für Immobiliendarlehen automatisch nach einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsabschluss.
Allerdings ist das „Ewige Widerrufsrecht“ für Immobilienkreditverträge nach wie vor intakt für Verträge, die zwischen dem 11.Juni 2010 bis zum 20.03.2016 abgeschlossen wurden.
Voraussetzung: wenn eine Bank oder Sparkasse fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in diesen Darlehensverträgen und bereits vereinbarten Forward-Darlehen verwendet hat, ist der Widerruf dieser Darlehen auch heute immer noch möglich.
Um auf die rechtlich sichere Seite zu kommen, empfehlen wir Ihnen, Ihren Darlehensvertrag vorab juristisch von einem/r auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalt/-anwältin prüfen zu lassen. Diese Prüfung ist in der Regel mit geringen Kosten verbunden. Auch bei der späteren Durchsetzung festgestellter Ansprüche sollte dies/r Rechtsanwalt/ -anwältin unbedingt eingeschaltet werden.
Die Rechtsfolge einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung bei einem Verbraucherdarlehen und des daraufhin erfolgreichen Widerrufs besteht darin, dass der Verbraucher keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen braucht und er so das Darlehen ablösen oder zu den aktuell historisch niedrigen Darlehenskonditionen umschulden kann. Sollte ein solches Darlehen bereits unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig getilgt worden sein, können sich Verbraucher bei einem erfolgreichen Widerruf diese Zahlung zurückholen.
Ergänzend kommt hinzu:
Durch einen wirksam erklärten Widerruf entsteht ein sog. Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 357 Abs. 1, 346 ff. BGB) zwischen dem Darlehensnehmer und dem Darlehensgeber. Die Rückabwicklung führt dann dazu, dass beide Parteien gegenseitige Aufrechnungsansprüche haben.
Unsere Formblätter zur Berechnung einer Rückabwicklung können hier heruntergeladen werden:
Berechnung erste überschlägige Hochrechnung (pdf-Datei, 273kB)
Berechnung Gutachterliche Stellungnahme / Parteigutachten (pdf-Datei, 292kB)
Dazu ein Beispiel:
Ausgangslage:
Baufinanzierungs-Darlehen über EUR 200.000,00,
Zinssatz 4,0% fest auf 10 Jahre
Auszahlung am 30.06.2010
Monatsrate EUR 954,83
Der Widerruf wurde zum 31.01.2017 wirksam erklärt
Die Folge:
Durch den wirksam erklärten Widerruf entsteht ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 357 Abs. 1, 346 ff. BGB).
Die Berechnung der gegenseitigen Ansprüche durch uns hat bei diesem Beispiel zu folgendem Ergebnis geführt:
- Die Bank hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettodarlehens durch den Darlehensnehmer über EUR 200.000,00,
- Ferner erhält sie Nutzungsersatz vom Darlehensnehmer in Höhe des vereinbarten Nominalzinssatzes von 4,0 % für die Zeit von der Auszahlung bis zum Tag des wirksamen Widerrufs am 31.01.2017 über EUR 49.437,16, was zu einem Gesamtsaldo über EUR 249.437,16 führt.
- Der Darlehensnehmer erhält alle von ihm im gleichen Zeitraum an die Bank gezahlten Raten über EUR 75.431,57 und die von der Bank daraus gezogenen Nutzungen i.H. von Basiszinssatz + 2,5 % = EUR 4.698,09, was zu einem Gesamtsaldo über EUR 80.129,66 führt.
- Diese wechselseitigen Ansprüche werden nunmehr verrechnet, die Bank hat einen Anspruch an den Darlehensnehmer über EUR 169.307,50 – gegenüber dem Kontostand des Darlehens am 31.01.2017 über EUR 174.005,59 erzielt der Darlehensnehmer also einen „Gewinn“ über EUR 4.698,09.
Der Darlehensnehmer nimmt zum 31.01.2017 ein neues Darlehen zur Umschuldung auf:
Baufinanzierungs-Darlehen über EUR 169.307,50
Zinssatz 1,14% fest auf 10 Jahre
Gleiche Monatsrate über EUR 954,83
Auszahlung am 31.01.2017
Eine Vorfälligkeitsentschädigung für das widerrufene Darlehen fällt nicht an.
Bis zum 30.06.2020 zahlt der Darlehensnehmer EUR 5.968,30 Zinsen – hätte er das widerrufene Darlehen wie ursprünglich in 2010 vereinbart weiter bedient, hätte er für die Zeit vom 31.01.2017 bis zum 30.06.2020 Zinsen (4,00 % ) über EUR 22.710,44 gezahlt.
Das Ergebnis:
Mithin führt der erfolgreiche Widerruf des ursprünglichen Darlehens und die Umschuldung des daraus resultierenden Restbetrages zu aktuellen Zinsen im Januar 2017 zu einer Zinsersparnis bis zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Zinsfestschreibung zum 30.06.2020 über EUR 16.742,14 und zu einer rechnerischen Gesamtersparnis über insgesamt EUR 21.440,24 einschließlich des Differenzbetrages aus der Rückabwicklung. Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt in diesem Fall nicht an.
Die Lösung:
erfolgreicher Widerruf + Ergebnis aus der Rückabwicklung + Ablösung / Umschuldung zu aktuell niedrigen Zinsen